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Mindestens haltbar bis …

Der Fluch des Mindesthaltbarkeitsdatums

Zero Waste bedeutet nicht nur keinen Müll zu produzieren. Zero Waste bedeutet auch keine Verschwendung – weder von Gebrauchsgütern, noch von Lebensmitteln.
EU weit wandern bis zu 50% der essbaren Lebensmittel in den Müll, sei es in Supermärkten, Restaurant oder im Privathaushalt. Und gerade wir in Deutschland verstehen ja unsere Sache, wenn es darum geht, Lebensmittel zu verschwenden. Liegt es daran, dass in kaum einem Land dieser Erde, Lebensmittel im Verhältnis zum Einkommen so günstig sind wie bei uns? Kennen wir den Wert unserer Nahrung nicht mehr? Oder ist das wieder eine Form von Luxus und Fortschritt?
Wenn man bedenkt, wie viele Menschen täglich verhungern und wie viele Menschen auch bei uns auf Nahrungsmittelspenden angewiesen sind, kann einem leicht anders werden.
Unser hoher Lebensmittelkonsum benötigt auch einen hohen Flächen- und Ressourcenbedarf. Diese Flächen nehmen wir der natürlichen Vegetation weg, z.B. den Wäldern, die als CO² Speicher fungieren, nachwachsende Rohstoffe liefern und vielen Tieren eine Heimat geben. Oder wir importieren Lebensmittel aus fernen Ländern, in denen einige Wenige mit dem Export viel Geld verdienen, während andere Viele hungern. Plantagen zerstören Regenwälder und Monokulturen verderben die Böden und von dem hohen Energieaufwand für den Transport ganz zu schweigen…
Ich bin kein Fachmann auf dem Gebiet, aber ein Zusammenhang zwischen unserer Lebensmittelverschwendung und dem Hunger der Welt und dem Klima besteht, auch wenn man es in unserem gemachten Nest nicht wahrhaben will. Es geht nicht darum die Wurst, die ich nicht mehr essen möchte nach Afrika zu verschicken. Es geht darum seinen Lebensmittelkonsum so zu überdenken, dass diese Wurst gar nicht erst übrig bleiben und damit auch nicht produziert werden musste.
Unsere Lebensmittelgesetze tragen auch ihren Teil dazu bei. Allen voran das Mindesthaltbarkeitsdatum.

mhd
 
Haltbarkeitsdatum

Immerhin haben die Medien das Thema mittlerweile auch mal aufgegriffen. So ist es für das Gros der Bevölkerung kein Geheimnis mehr, das Lebensmittel nicht sofort umkippen, nur weil das Datum überschritten ist. Viele Menschen haben aber trotzdem kein Gefühl dafür, wie lange Lebensmittel noch verwendet werden und wie man sie am besten lagert, damit sie länger halten. Lebensmittel werden gekauft, im überfüllten Kühlschrank vergessen und sobald sie nicht mehr ganz perfekt aussehen sofort entsorgt.

Dabei sind wir eigentlich mit ganz guten Sinnen ausgestattet, um herauszufinden, ob Lebensmittel nicht mehr genießbar sind. Man kann also das Mindesthaltbarkeitsdatum getrost ignorieren und einfach mal dran riechen. Beim Lebensmitteleinkauf und der Essensplanung ist das Datum als Richtwert natürlich sinnvoll, aber auch nur als solcher. Versucht man die Lebensmittelverschwendung zu verringern, ist ein vorausschauendes Denken gefragt. Beim Einkauf sollte man nur so viel mitnehmen, wie man auch verbrauchen kann. Auf den Mengenrabat von Großpackungen sollte man verzichten, wenn es eigentlich zu viel für den eigenen Haushalt ist. Auch ein überschaubarer und aufgeräumter Kühlschrankinhalt verringert die Verschwendung. Denn die Produkte die man nicht sieht, vergisst man auch schnell.

Auch der gesunde Menschenverstand kann helfen, die Haltbarkeit zu beurteilen: Ein Lebensmittel, was keinerlei Wasser enthält, also absolut trocken ist, wie soll das überhaupt schlecht werden?!  Ihre Intensität, zum Beispiel bei Gewürzen, kann allerdings nachlassen. Hier ist die richtige Lagerung gefragt.
Produkte, wie Marmeladen sind durch ihren hohen Zuckeranteil sehr gut konserviert. Um davon auch im geöffneten Zustand profitieren zu können, ist es empfehlenswert, in der Marmelade immer nur mit einem sauberen Löffel herumzustochern. Denn Fremdstoffe und gerade Speichel verderben sie schnell.
Konservendosen und Einmachgläser erhalten ihren Inhalt so gut, dass man diesen oft noch nach Jahren genießen kann. Milchprodukte sind nur begrenzt haltbar, allerdings grundsätzlich länger als das Haltbarkeitsdatum. Hier hilft der Geruchstest und wenn man sich nicht sicher ist, bringt es einen auch nicht um, ein Stückchen zu probieren.

Für mich bedeutet dieser Artikel keinerlei Änderung, da ich grundsätzlich sehr bedacht einkaufe und nur solche Mengen besorge, die ich auch wirklich verbrauchen kann.
Auch zu üppige Mahlzeiten kommen bei mir niemals auf den Kompost. Entweder gibt es die Reste am nächsten Tag, am übernächsten Tag oder ich friere sie ein. Man kann wirklich fast alles einfrieren. Natürlich wird es ein frisches Essen niemals schlagen, aber ein Fertiggericht bei weitem 😉
Meine Kochleidenschaft habe ich ja bereits erwähnt. Aber ich habe ebenfalls eine Leidenschaft dafür, aus übriggebliebenen Resten, seien sie noch so klein und unattraktiv, die tollsten improvisierten Kreationen zu zaubern. Das tolle daran ist, man braucht viel weniger Zeit und es wird meistens einzigartig. Mit ein bisschen Kocherfahrung kommen die Ideen von ganz alleine.

Vorvortagsessen
 
Reste-Essen

Kartoffeln vom Vor-Vor-Tag werden zu Bratkartoffeln an  übrig gebliebenem Maiskolben vom gestrigen Grillabend.

Bisher ging es nur um die Lebensmittel, die ich bereits erworben habe. Aber der größte Teil der Lebensmittel wird schon im Supermarkt weggeschmissen. Sei es, weil das Mindesthaltbarkeitsdatum bald erreicht ist oder die Blätter welk werden. Die große Auswahl, die uns im Supermarkt präsentiert wird, hat natürlich auch seinen Preis. Müssen von den 100 Joghurtsorten, die auf dem Markt sind, alle immer, auch am Samstagabend noch verfügbar sein, kann man sich leicht vorstellen, dass das nicht ohne hohe Kollateralschäden funktionieren kann. Mittlerweile freue ich mich sogar, wenn ich einen Artikel im Supermarkt nicht finden kann, weil er vergriffen ist.
Ich habe dazu einen kleinen Film gefunden. Ich konnte ihn mir nicht zu Ende an schauen weil meine Nerven dafür zu schwach sind, aber vielleicht seid ihr da ja stärker als ich.
Eine positive Entwicklung kann man in vielen Biosupermärkten beobachten. Eine Ecke, meist in der Kühltheke, ist Lebensmitteln vorbehalten die bald ablaufen – natürlich reduziert – ein prima Ort für Schnäppchenjäger.

 
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Reduzierter Joghurt

Und wie wir ja jetzt wissen, kann man diesen Joghurt auch in 5 Tagen noch essen…

Ein Kommentar

  • Ulrike

    Dein Wort in des Verbrauchers und (Groß-)Händlers Ohr! Was liebe ich meinen Bäcker um die Ecke, bei dem es drei Stunden nach Öffnung nicht unbedingt alle Brötchensorten mehr gibt, sondern einfach ein paar schon ausverkauft oder sehr spärlich vorhanden sind! Und trotzdem ist er so erfolgreich, dass er in der Umgebung mehrere Filialen hat und tatsächlich noch selber bäckt. Ich halte es für überflüssig jeden Tag bis Ladenschluss alle Lebensmittel in großer Auswahl vorfinden zu müssen. Momentan sind doch die Öffnungszeiten so ausgeweitet und das Filialnetz der Märkte so eng, dass der große Teil der Bevölkerung es immer rechtzeitig in einen Laden schafft, um alles zu kriegen, was er braucht.
    Eine absolut traurige Geschichte, die mir dabei gerade einfällt: Die Nettofiliale, die bis vor kurzem in meiner Nähe war, hatte im Winter (!) einen Ausfall der Kühlanlage. Über Nacht waren also alle Lebensmittel in einer nicht gezielt temperierten Umgebung. Keiner wusste, wie lange, aber alle wissen, dass Wurst nicht sofort grün wird, wenn sie mal ein paar Stunden bei 17 Grad rum liegt. Außerdem kommt ja noch dazu, dass die Kühlregale trotzdem noch kühl waren, denn sie steigen ja nicht prompt auf 20 Grad hoch, nur weil die Kühlung ausfällt. Die Kälte hält sich ja eine Weile. ABER: Das deutsche Lebensmittelgesetz schreibt vor, dass Ware, deren Kühlkette unterbrochen war, nicht in den Verkauf darf. Punkt. Also, was mussten die Mitarbeiter machen? Tonne auf und alles (!) rein. Und jetzt überlegen wir mal, wie viel in einem großen Kühlregal in so einem Discounter liegt und dann kann man verstehen, dass mein Freund und ich an dem Tag mit Schmerzen im Bauch aus der Filiale raus gegangen sind. Butter, Käse, Joghurt, Wurst, Salate, Milch, Fertiggerichte… Alles in der Tonne.
    Ich halte das deutsche Lebensmittelgesetz grundsätzlich für sinnvoll, denn ich möchte auch nichts serviert bekommen, das auf dem Boden lag, aber an manchen Stellen sind die Auswirkungen davon einfach nur grausam. Oder diese Geschichte mit dem Flughafen und den Sachen, die man nicht im Handgepäck mitführen darf. Mein Schwager entsorgt regelmäßig die betreffenden Tonnen und gruselt sich immer davor, denn dort findet man beispielsweise Nutellagläser, mit denen man ganz Deutschland in die Fettsucht treiben könnte. Aber das Gesetz sagt: Darf nicht mit, also in die Tonne!
    Das ist Lebensmittelverschwendung, Müllproduktion und Hunger per Gesetz. G-R-U-S-E-L-I-G.

    So, das ist jetzt etwas ausgeartet, aber das musste mal sein. Danke für Deine Aufmerksamkeit. 🙂

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